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Rezension | James M. Barrie – Peter Pan

Heute möchte ich euch einen Kinderbuchklassiker aus dem frühen 19. Jahrhundert vorstellen. Einige von euch werden sicherlich sowohl Titel als auch den Inhalt kennen, doch kannte ihn bis vor wenigen Wochen nicht. Klar, ich habe immer mal von der Geschichte um den Jungen gehört, der in Nimmerland lebt und nicht erwachsen werden wollte. Auch Käpt’n Hook ist mir ein Begriff, aber ich habe die Geschichte weder gelesen noch gesehen.

Nachdem Diogenes den Klassiker neu herausgebracht hat, habe ich die Initiative ergriffen, und habe mich gemeinsam mit Peter Pan und Wendy ins Abenteuer gestürzt und bin nach Nimmerland gereist. Außerdem bin ich der Meinung, dass Peter Pan in keinem gut sortierten Bücherregal fehlen sollte.

Peter Pan und das Nimmerland

Familie Darling ist eine ganz gewöhnliche Familie, Wendy und ihre zwei Brüder wachsen in einem behütten Elternhaus auf. Nur das Kindermädchen Nana ist ein wenig außergewöhnlich, es taucht nämlich in der Gestalt eines Hundes auf, wird im Verlauf der Geschichte aber nicht weiter thematisiert oder in Frage gestellt.

Eines Abends, die Eltern sind ausgegangen und die Kinder schlafen bereits, ereignet sich etwas Mysteriöses im Kinderzimmer im Hause Darling. Ein fliegender Junge kommt in Begleitung einer Fee – Tinkerbell – durch das Fenster in das Kinderzimmer und sucht seinen Schatten. Diesen hat er bei seinem letzten Besuch verloren, er blieb im Fenster hängen, als Mrs. Darling dieses schloss. Nach kurzer Zeit findet Peter Pan seinen Schatten, kann ihn aber nicht wieder annäheren und fängt bitterlich an zu weinen.

Von diesem Weinen erwacht Wendy und hat Mitleid mit Peter Pan, den sie aus ihren Träumen kennt. Kurzerhand hilft sie ihm. Peter Oan ist begeistert von Wendys Talent und möchte sie mit nach Nimmerland fehlen. Dort fehle sowieso jemand, der Geschichten erzähle und eine Mutter für ihn und die anderen dort lebenden Jungen sei, so Peter. Nachdem er ihr erzählt, was es dort alles zu entdecken gäbe, war sie so begeistert, dass sie sofort mitkommen wollte, ohne aber ihre Brüder zurücklassen zu wollen.

So machten sich Peter Pan, Tinkerbell, Wendy und ihre beiden Brüder – John und Michael – auf den Weg nach Nimmerland, um dort allerlei Abenteuer zu erleben. Als die Eltern am Abend nach Hause kommen, finden sie nur die leeren Betten ihrer Kinder vor.

Schreibstil

Was mir direkt ins Auge gefallen ist, ist, wie brutal Peter Pan ist. Er mordert an mehreren Stellen in der Geschichte. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Erwachsenen oder um einen der verlorenen Jungen handelt – Peter Pan entledigt sich jedem, den er nicht mag. Aber diese Beobachtung habe ich schon häufiger in alten (Kinder-)Büchern machen können. Es scheint mir, als sei es nicht ungewöhnlich, dass früher brutaler und blutrünstiger geschrieben und erzählt wurde. Im Fall von Peter Pan hat dies – so zumindest meine Auffassung – wohl symbolischen Charakter.

Leider muss ich auch zugeben, dass mir keiner der Charaktere sonderlich sympathisch war und auch hier frage ich mich, ob das beabsichtigt ist. Die Erzählweise ist sehr roh, die Handlung ist teilweise sehr brutal und im nächsten Augenblick ist alles so unglaublich phantasievoll. Das passt für mich irgendwie nicht zusammen und hat mir den Zugang ein wenig erschwert, oft konnte ich die Handlung schlichtweg nicht nachvollziehen.

Zentrale Motive: verlorene Mutter & Nimmerland

Ein zentrales Motiv in diesem Kinderbuchklassiker ist ganz klar die verlorene Mutter und das ist eigentlich ziemlich traurig. Peter Pan und den anderen Jungen fehlt eine Mutter und da er durch das Kinderzimmerfenster der Darlings immer herzliche Gute-Nacht-Geschichten hört, die den Kindern zum Einschlafen vorgelesen werden, weckt das Sehnsüchte ihn ihm. Er wünscht sich auch eine Mutter, die ihm und den anderen Jungs so herzallerliebst am Abend Geschichten zum Einschlafen vorliest. Das ist der Grund, weshalb er Wendy kurzerhand mit nach Nimmerland nimmt. Sie soll die fehlende Mutter kompensieren.

Ein weiteres Thema, um das sich gewissermaßen die komplette Geschichte dreht und deshalb nicht unerwähnt bleiben sollte, ist Nimmerland. Nimmerland symbolisiert eine Welt, die phantasievoll, bunt und schön ist und in der man nicht erwachsen werden und sich damit auch nicht mit den Sorgen der Erwachsenen befassen muss. Man kann tagein tagaus spielen und Spaß haben. Nimmerland zeigt das unbeschwerte Leben, das Leben eines Kindes.

Alle Sorgen scheinen in Nimmerland vergessen. Doch als Wendy und ihre Brüder eines Tages zurück zu ihren Eltern und damit Nimmerland verlassen wollen, merken Peter Pan und die anderen Jungs, was sie so schrecklich vermissen – nämlich ihre eigenen Eltern. Und auch diese Erkenntnis finde ich wieder unendlich traurig. In Nimmerland erleben sie ausgesprochen viele Abenteuer, aber das größte Abenteuer im Leben werden sie nie erleben könnnen – selbst erwachsen zu werden. Das hat für mich etwas ungewohnt Ernsthaftes und Düsteres, das ich so nicht aus Kinderbüchern kenne. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich dies in Kinderbüchern lesen möchte. Aber wie gesagt, früher scheint dies nicht ungewöhnlich gewesen zu sein.

Die Figur des Peter Pan

Peter Pan steht für die Sorglosigkeit der Kindheit, für die Lust am Spielen, die oft auch Brutalität in sich trägt und ohne ein Verständnis für echte Gefahren daherkommt. Doch alle Kinder verlassen irgendwann Nimmerland, das stellvertretend für die Kindheit steht, und werden erwachsen – nur eben Peter nicht. Er vergisst regelmäßig, was geschehen ist und wen er getroffen hat und nur so kann er seine Kindheit bewahren. Deutlich wird dies im Buch an der Stelle, an der Wendys Tochter mit Peter gemeinsam ins Nimmerland reist, seine Mutter wird und Peter sie nicht erkennt.

Schlussbetrachtung

Mit Peter Pan zieht ein weiterer Kinderbuchklassiker in meinem Bücherregal ein. Auch, wenn ich Peter Pan als Protagonisten nicht unbedingt sympathisch finde und mir die Handlung stellenweise wirklich zu brutal war, bin ich froh, diese Geschichte um den Jungen, der nicht erwachsen werden wollte, gelesen zu haben. Endlich weiß ich, wo Tinkerbell ihren Ursprung hat, wo ich Käpt’n Hook verorten muss und was es mit dem Nimmerland auf sich hat. Peter Pan ist definitiv ein Klassiker, der in keiner Bibliothek fehlen darf.


Vielen Dank an Diogenes für das Bereitstellen dieses Rezensionsexemplares.

6 Kommentare

  • Tina

    Hach, Peter Pan muss ich auch noch lesen! Vor Jahren habe ich den Zeichentrickfilm mal gesehen, aber noch nie das Buch in den Händen gehalten. Ich glaube, das muss ich bald ändern! ❤️

    • Literally Sabrina

      Ich wünsche dir ganz viel Spaß dabei und hoffe, dass du nicht allzu geschockt bist von der Brutalität und der Rohheit des Buches. Aber vielleicht ist es auch einfach nur mein persönliches Empfinden, vielleicht bin ich zart besaitet und dir gefällt es ganz ausgeezeichnet!

  • Janika

    Liebe Sabrina,
    ich habe Peter Pan früher sehr geliebt. Den Film habe ich als Kind gefühlte hundert Male gesehen und das Hörbuch täglich zum Einschlafen gehört – wirklich wahr 😀
    Film + Hörbuch scheinen sich vom Buch allerdings sehr zu unterscheiden, was ja auch klar ist, wenn man bedenkt, dass Disney am Werk war. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich das Buch lesen möchte. Gerade wenn du keine Bindung zu Peter aufbauen konntest und es noch dazu sehr brutal ist. Vielleicht behalte ich da lieber meine durchweg positiven Peter Pan Verknüpfungen mit Film und Hörbuch 🙂
    Alles Liebe,
    Janika

    • Literally Sabrina

      Liebe Janika,

      ich kann sehr gut verstehen, wenn du sagst, dass du das Buch nicht lesen möchtest. Mir ginge es an deiner Stelle wohl ganz genauso.
      Ich hingegen denke, dass ich mir die Disney-Verfilmung ansehen werde, einfach um „schöne Erinnerungen“ an Peter Pan zu haben und bei dem Namen nicht nur an Brutalität und an etwas Düsteres denke.

      Liebe Grüße,
      Sabrina

  • Stephie

    Da fällt mir wieder ein, dass die wunderschöne MinaLima-Ausgabe dieses Klassikers noch in meinem Regal auf mich wartet. Dass sich das Buch sehr von der Disney-Version unterscheidet, habe ich mir schon gedacht. Zum Glück zählt ‚Peter Pan‘ aber nicht zu meinen liebsten Disney-Filmen, sodass meine Erinnerungen nicht mehr allzu frisch sind – keine Ahnung, wann ich den das letzte Mal gesehen habe – und ich keinen direkten Vergleich werde ziehen könne. An der Brutalität werde ich mich vermutlich ebenfalls stören, aber lesen möchte ich es trotzdem gern.

    • Literally Sabrina

      Liebe Stephie,

      die MinaLima-Ausgaben sind wirklich wunderschön, da hast du Recht. Ich glaube, ich sollte mir auf jeden Fall die Disney-Verfilmung von Peter Pan noch ansehen. Nach den Kommentaren zu urteilen, soll dieser ja nicht so brutal und düster sein – vielleicht sagt er mir ja mehr zu als das Buch.

      Ich wünsche dir viel Freude bei der Lektüre von Peter Pan!

      Hab einen guten Start in die Woche!
      Herzliche Grüße,
      Sabrina

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