Klassiker

Rezension | Jane Austen – Persuasion

Vor einiger Zeit erschien eine Neuverfilmung des Literaturklassikers Persuasion auf Netflix. Schon kurz nach Veröffentlichung war mein Instagram voll davon. Gefühlt war meine komplette Bubble maximal vorfreudig auf Überredung, wie es in der Übersetzung heißt, und ich habe wieder einmal nichts davon mitbekommen. Aber das ist nichts Neues.

Ich war sehr gespannt darauf, wie die Bewertungen ausfallen würden – und war eigentlich überzeugt, dass die Verfilmung auf Netflix großartig sein würde. Doch irgendwie hat sie jeden in meinem Umfeld enttäuscht. Bitte, was? Ich konnte das irgendwie gar nicht glauben und wollte selbst herausfinden, was denn an dem Film so furchtbar sein soll. Also habe ich ihn mir angeschaut.

Und was soll ich sagen? Die größte Kritik war, dass die Verfilmung zu modern sei. Zweifelsohne habe ich an manchen Stellen genau diesen Gedanken auch gehabt. Manchmal habe ich mich ertappt, wie ich dachte: „Hätte man das in der Zeit von Austen auch so gesagt?“ – „Wäre das auch so passiert?“ Gerade die Protagonistin war mir an einigen Stellen vielleicht ein bisschen zu selbstbewusst und selbstsicher, aber sei es drum. Ganz im Ernst! Auch, wenn ich mich damit jetzt vielleicht unbeliebt mache, ich finde den Film großartig und er hat mich maximal gut unterhalten.

Außerdem hat mich der Film dazu motiviert, die Romanvorlage zu lesen. Ich bin direkt am nächsten Tag in die Bücherei gegangen und habe mir Persuasion von Jane Austen ausgeliehen. Kaum zu Hause angekommen, habe ich mit dem Lesen begonnen und den ungefähr 300 Seiten dicken Roman innerhalb weniger Tage gelesen – oder soll ich sagen, verschlungen?

Eigentlich zeigt das ja schon, wie gut mir Persuasion gefallen hat, oder nicht? Ich möchte hier jetzt auch kein Ranking abgeben, ob mir die Verfilmung oder das Buch besser gefallen hat, darum geht es mir nicht. Vielmehr hat mich der Film dazu motiviert, mich mit den Werken von Austen auseinanderzusetzen und es unterhält mich ausgezeichnet und das ist doch alles, was zählt.

Persuasion, facts!

Persuasion, wie ich Überredung der Einfachheit wegen nennen werde, auch, wenn ich es auf Deutsch gelesen habe, ist Jane Austens letzter Roman, den sie verfasst hat. Insgesamt schrieb sie sechs Romane. An Persuasion schrieb sie ab der zweiten Jahreshälfte 1815 und beendete ihn ungefähr ein Jahr später, im Sommer 1816. Die Veröffentlichung sollte Austen nicht mehr erleben. Sie starb am 27. Juli 1817 im Alter von nur 42 Jahren. Persuasion wurde gemeinsam mit Northanger Abbey postum 1818 veröffentlicht.

Anne Ellliot

Das Besondere an der Protagonistin des Buches, Anne Elliot, ist, im Vergleich zu den Frauen aus den fünf vorherigen Romanen Austens, dass sie so anders ist. Austens übrige Protagonistinnen sind alle sehr jung, meist gerade erst volljährig. Anne geht bereits auf die Dreißig zu und hat nichts mehr vom jugendlichem Charme, den Austens andere Protagonistinnen haben. Ihre erste und einzige große Liebe erlebte Anne bereits vor acht Jahren, musste die Verlobung aber nach wenigen Monaten bereits wieder lösen. Ihre Familie billigte eine Heirat mit derartigem Standesunterschied nicht. Wentworth, der von Anne Auserwählte, ist ein unvermögender bürgerlicher Marineoffizier und Anne stammt aus altem englischem Adel. Ihre Familie überredete Anne, Wentworth nicht zu heiraten, was sie schon bald bitter bereute. Fun fact: Hier entspringt auch der Titel des Romans.

Fortan lebt sie ein trostloses und einsames Leben. Auch ein Heiratsantrag einige Jahre später von einem anderen Mann konnte Anne nicht umstimmen. Sie lehnte ihn ab und scheint sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. Es scheint, als liege Anne Elliots liegen bereits hinter ihr.

Persuasion, again!

Anne leidet also schon zu Beginn des Romans immens. Auch das unterscheidet Persuasion von Austens restlichen Romanen. Diese Melancholie ist für den Leser in jedem Kapitel, ja in jeder Zeile des Romans deutlich zu erkennen. Persuasion ist insgesamt ziemlich handlungsarm und durchzogen von alltäglichen Ereignissen. Einzig der Sturz Louisa Musgroves bildet hier eine Ausnahme, wobei es bei diesem im Grunde nicht um die Handlung als Solches geht, sondern was sie symbolisiert und in Gang setzt. Wentworth eilt nach dem Sturz zu Louisa, er kniet neben ihr, bittet aber gleichzeitig die anderen Anwesenden um ihre Hilfe. Dabei wird deutlich, dass er sich Louisa gegenüber zwar verpflichtet, aber nicht hingezogen fühlt. Er ist überfordert und weiß nicht, wie er aus der Situation – der Situation des Unglücks an sich, aber auch aus seiner Verbindung zu ihr – wieder herauskommt.

Insgesamt dreht sich der Roman um die Wiederannäherung der zwei Liebenden – Anne und Wentworth. Bringen wir es einfach auf den Punkt, es ist tatsächlich so einfach. In Jane Austens Romanen geht es immer um die Partnerwahl. Als Anne erfährt, dass Wentworth Louisa nicht liebt und nicht die Absicht hat, sie zu heiraten, scheint es, als würde Anne neuen Lebensmut fassen. Sie unternimmt nach über acht Jahren wieder Annäherungsversuche, die Wentworth schließlich erwidert. Anne ist überglücklich.

Ab dem Zeitpunkt, wo sich beide also wieder annähern, durchläuft Anne eine Veränderung, die beim Lesen von Zeile zu Zeile deutlicher wird. Sie ist fröhlicher, gewinnt zunehmend an Selbstbewusstsein. Ihre Augen fangen wieder an zu leuchten, sie hat endlich wieder ein Lächeln im Gesicht. Ich schätze, ich spoilere nicht zu viel, wenn ich sage, dass es für Anne ein Happy End am Ende des Romans geben wird.

Mein erster Roman von Austen

Persuasion ist mein erster Roman von Austen, definitiv aber nicht mein Letzter. Ich bin wirklich begeistert von Austens Schreibstil. Sie ist wortgewandt und drückt sich gewählt aus, wie man es zu dieser Zeit getan hat. Das ist wunderschön. In jedem Satz spürt man, wie bedacht Austen ihre Worte wählt und damit eine unglaubliche Selbstsicherheit in ihrer Sprache zum Ausdruck bringt.

Außerdem mag ich es sehr, wie sie Landschaften, das Leben und den Alltag früher und generell Dinge beschreibt. Ich kann mir alles, was sie beschreibt, so wunderbar vorstellen. Schon nach wenigen Sätzen bin ich vollständig in die Handlung eingetaucht. Es ist einfach richtig schön geschrieben.

Ein Kommentar

  • Tina

    Hi Sabrina,

    „Die Überredung“ habe ich vor… 3 Jahren gelesen. Die Geschichte war auch mein 1. Austen.
    Mir gefiel genauso wie dir die Wortwahl – sehr gute deutsche Übersetzung. Allerdings machten mir damalls die endlosen Sätze und Beschreibungen zu schaffen.
    Die Protagonistin mochte ich aber gerne.
    Den Film habe ich auch gesehen. Ich fand ihn ganz gut. Das Moderne hatte etwas Künstlerisches.

    Liebe Grüße
    Tina

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