Rezensionen

REZENSION | Isabel Morland – Die Rückkehr der Wale

Dieser Roman durfte als Lese-Exemplar bei mir einziehen. Ich habe bei vorablesen.de meinen Leseeindruck verfasst und fieberte dem Hibbel-Dienstag entgegen und tatsächlich gehörte ich zu den Glücklichen, die ein Lese-Exemplar dieses Romans zugeschickt bekamen.

Natürlich hat mich – neben dem ansprechenden Klappentext – sofort dieses Cover fasziniert. Die Farben sind aufeinander abgestimmt, allein mit dem Blick auf das Cover taucht man bereits in die entlegene Welt der schottischen Inseln ab. Der Blick auf das weite Meer, die dunklen Farben des Himmels, der Leuchtturm und das kleine Haus, das einsam an der Küste steht – all dies lässt genau die richtige Stimmung aufkommen, um sich kopfüber in den Roman zu stürzen. Sehr gelungen!

Auch die Innenseite der Klappenbroschur ist liebevoll gestaltet. Das Design des Covers findet sich ebenfalls auf der Innenseite, sodass hier eine klare Linie entsteht und man noch weitere Eindrücke sammeln kann, wie Morland sich den Schauplatz des Romans vorstellt. Neben der Autorenbiographie und einigen Worten zum Inhalt des Romans befindet sich in der Klappenbroschur ebenfalls ein paar Zeilen von Katherine Macfarlane, die die aufkommende Atmosphäre sehr schön beschreiben.

Alles in allem bringt es der Aufkleber auf dem Cover exakt auf den Punkt: „Genau meins„. Denn die Covergestaltung und der Klappentext würden mich im Buchladen dazu veranlassen, nach dem Buch zu greifen.

Meine Leseeindrücke

Der Grund, weswegen ich mich auf dieses Lese-Exemplar beworben habe, waren ganz klar die grandiosen Naturbeschreibungen. Ich liebe es, wenn es dem Autor gelingt, durch das detaillierte Schildern der Kulisse Atmosphäre aufzubauen. Und genau dies ist Morland hier mehr als gelungen.
Ich war schon nach dem Lesen der Leseprobe fasziniert und wollte diesen Roman unbedingt lesen. Natürlich ist Die Rückkehr der Wale kein erzählendes Sachbuch, sondern ein Liebesroman. Aber für mich profitiert dieser Roman ganz entschieden von diesen Beschreibungen.

Ich habe mich direkt ab der ersten Seite gemeinsam mit Kayla, ihrem Ehemann Dalziel und all den anderen Figuren auf der schottischen Hebriden-Insel befunden. Zusammen mit den Bewohnern von Harris habe ich mit der Unberechenbarkeit der Natur gelebt und ich konnte als Leser miterleben, wie das Leben der Bewohner von der Natur beeinflusst und geprägt wird. Ich habe mir ganz viele Stellen in dem Buch markiert, die ausgezeichnete Naturbeschreibungen liefern. Ganz großes Kino, wirklich!

Aber ich muss auch sagen, dass diese Natur- und Umgebungsbeschreibungen für mich ganz entschieden das Highlight dieses Romans bilden und die eigentliche Liebesgeschichte dahinter zurückbleibt.
Zwar mochte ich die Grundidee hinter der Liebesgeschichte und finde auch die Charakteristika der Personen spannend, aber dennoch konnte sie mich nicht überzeugen. Um es ganz plump auszudrücken: Es passiert einfach nichts. Ich habe nach knappen 480 Seiten als Leser den Eindruck, dass die Geschichte einfach so dahinplätschert.
Man begleitet Kayla durch ihr einfaches Leben auf der Hebriden-Insel und merkt bereits nach wenigen Seiten, dass sie unglücklich in ihrer Ehe mit Dalziel ist. Diese Einfachheit, ja fast schon Trostlosigkeit, wird unterbrochen, als auf der Insel ein Fremder auftaucht, der für die Saison einen Job als Fischer sucht.

Eine geheimnisvolle, schwer mit Worten zu beschreibende Aura schien von dem Fremden auszugehen, die sogar den nie um einen Spruch verlegenen Donald verstummen ließ. (S. 44)

Von der ersten Minute an war Kayla von diesem Fremden fasziniert und fühle sich magisch angezogen, wobei diese Anziehungskraft weit über freundschaftliche Absichten hinausgeht. Brannan, so heißt der Fremde, verkörpert für Kayla alles, was sie in ihrem Ehemann Dalziel nicht findet und wonach sie sich so sehr sehnt. So führt eins führt zum anderen – als Leser kann man sich ausmalen, was geschieht.

Es ist ein klassischer Plot und doch haben mir einige Elemente darin sehr gut gefallen. Ich habe während des Lesens mein Augenmerk auf die Charaktere von Dalziel und Brannan gelegt und finde es großartig, wie Morland sie entworfen hat.
Dalziel ist der Ehemann Kaylas und verwurzelt Kayla dadurch mit der Insel. Sie bilden eine Einheit und verkörpern auf dieser abgeschiedenen, rauen und tristen Insel das traditionelle Bild. Das Leben auf der Insel scheint konservativ, es ist üblich in die Kirche zu gehen und man macht sich viel daraus, was die anderen Inselbewohner von und über einen denken. Aber das geht mit der territorialen Begrenztheit zwangsläufig einher, es liegt in der Natur der Sache.
An vielen Stellen im Buch wird deutlich, dass Dalziel rückständig ist. Er wehrt sich vehement gegen Veränderungen und steht Neuerungen skeptisch gegenüber. Das merkt man schon an so profanen Dingen wie seiner Skepsis bzw. Unaufgeschlossenheit Vegetariern gegenüber. Man erhält den Eindruck, als wolle er sagen: „Man hat schon immer Fleisch gegessen, dann hört man damit jetzt nicht auf. Bleib mir fern mit diesem ganzen neumodischen Firlefanz!“

Vor diesem Hintergrund ist es interessant, Brannan zu betrachten. Allein die Tatsache, dass er traditionelle Muster bereits damit aufbricht, dass er seine Heimat verlässt und sich woanders ansiedelt, unterscheidet ihn von Dalziels Charakter. Für die Inselbewohner erscheint es untypisch, nicht dauerhaft sesshaft zu werden. Was Dalziel darüber hinaus unruhig werden lässt, ist die Tatsache, dass Brannan als erwachsener Mann nicht verheiratet ist.
Brannan verkörpert die Freiheit, die Ungezwungenheit, das Abenteuer, die Spontanität. Durch ihn wird Kayla daran erinnert, dass das Leben mehr ist, als in einer unglücklichen Ehe zu leben.

Auch, wenn das Leben auf der Insel maßgeblich von der Natur beeinflusst wird, könnte man Dalziel und Brannan dem Gegensatzpaar Kultur und Natur zuordnen, wobei Dalziel für das Kulturelle stünde und Brannan für die Natur. Das erscheint vielleicht ein wenig merkwürdig, aber vor der Tatsache, dass Dalziel an traditionellen Rollenmustern festhält, die der Inbegriff des Kulturellen bilden und Brannan nicht in starren Gesellschaftsmustern verhaftet ist, sondern sich gewissermaßen von der Natur treiben lässt, seine Zelte dort aufschlägt, wo es ihm in diesem Moment gefällt, aber mit dem Wissen, nie lange an einem Ort zu bleiben, wird es nachvollziehbar.
Mir gefällt es, dass dieser Roman und auf so unterschiedlichen Ebenen funktioniert. Man kann, wenn man dies möchte, viel in die Geschichte hineininterpretieren, muss dies aber nicht zwangsläufig tun, um dem Roman folgen zu können. Dies empfinde ich als klare Stärke des Romans.

Abschließend möchte ich noch einmal auf den von Morland ausgewählten Schauplatz des Romans eingehen. Meiner Auffassung nach bildet die Hebriden-Insel den geeigneten Schauplatz für diese Liebesgeschichte.
Auch, wenn man die Insel über das Wasser erreichen kann, ist sie doch nahezu von ihrer Umgebung abgeschnitten. Diese territoriale Abgeschiedenheit, das Leben im Einklang mit der Natur ist es, die es für mich als Leser nachvollziehbar macht, wieso die Inselbewohner derart traditionell leben. Es liegt einfach in der Natur der Sache selbst. So wie das Land die Küsten als natürliche Grenze hat, so sind die Inselbewohner in ihrem Handlungsspielraum ebenso eingeschränkt. So ist es nachvollziehbar, dass Brannan, der als Fremder in diesen Mikrokosmos eintritt, als bedrohlich und gleichzeitig als abenteuerlich begriffen wird. Er birgt die Gefahr, alteingesessene Muster aufzubrechen und die Bevölkerung in Aufruhr zu versetzen, aber gleichzeitig weckt er die Neugierde nach etwas Neuen, Unbekannten.

Diese vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten machen den Roman für mich so wertvoll.

Schlussbetrachtung

Alles in allem hat mir der Roman gefallen. Auch, wenn für mich die eigentliche Liebesgeschichte weit hinter den grandiosen Natur- und Umgebungsbeschreibungen zurückbleibt, schafft der Roman zahlreiche Interpretationsspielräume, was mir sehr gut gefällt. Der Roman funktioniert auf mehreren Ebenen und so kann jeder Leser sein individuelles Lese-Erlebnis generieren.

ECKDATEN & WEITERE INFORMATIONEN

Titel: Die Rückkehr der Wale | Autor: Isabel Morland | Verlag: KNAUR | Klappenbroschur, Frauen-/Liebesroman | Seitenzahl: 480 | ISBN: 978-3-426-52180-9

Neugierig geworden? Hier geht es zur Leseprobe.

Außerdem gibt es zu diesem Roman einen Buch-Trailer.

3 Kommentare

  • lisappages

    Hi,
    Ich finde dein Beitragsbild total schön!
    Und deine Rezension hat mein Interesse für das Buch geweckt. Ich habe dieses Jahr Die Walfängerin gelesen und wegen dem Titel Die Rückkehr der Wale musste ich daran denken. Darin gibt es auch viele interessante Naturbeschreibungen. Ich finde es genial, was Autoren mit einer guten Beschreibung der Umgebung bei uns Lesern auslösen können 🙂
    Liebe Grüße
    Lisa

    • literallysabrina

      Hey Lisa,

      vielen Dank für deine lieben Worte! Ich freue mich sehr darüber!
      Auch, dass dich meine Rezension dazu inspiriert hat, sich das Buch genauer anzuschauen und vielleicht sogar zu lesen. 🙂 Das mit der Walfängerin klingt interessant, da werde ich mich mal genauer informieren. Danke dafür!

      Ich wünsche dir einen wundervollen Start in das neue (Blog-)Jahr!

      Liebe Grüße,
      Sabrina

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