Krimi

Rezension | Guilia Conti – Lago Mortale

Vor einigen Wochen ist Überraschungspost aus dem Hause Atlantik bei mir eingetroffen. Als ich den Umschlag öffnete, lachte mich das Cover des Piemont-Krimis Lago Mortale von Guilia Conti an. Tatsächlich hatte ich zuvor noch nichts von diesem Krimi gehört. Umso gespannter war ich! Als ich den Klappentext las, war es für mich beschlossene Sache, dass ich schon bald Simon Strasser am Lago D’Orta besuchen und mit ihm seinen ersten Fall lösen werde.
Die Beschreibung von Strassers erstem Fall und zugleich Contis erstem Roman, klang äußerst vielversprechend und bereits die wenigen Zeilen, kombiniert mit dem Cover, haben totales Fernseh in mir ausgelöst. Da ein spontaner Aufbruch gen Norditalien sich nicht mit meinem Alltag vereinbaren lässt, tauchte ich in die knapp 300-seitige Geschichte ab und wurde mit einem richtig tollen Krimi belohnt, der mir unglaublich schöne Lesestunden bereitete. Nach Lago Mortale kann ich sagen, dass ich a) akut urlaubsreif bin und b) dies definitiv nicht mein letzter Krimi aus dem Mittelmeerraum gewesen sein wird. Wie ihr seht, ich bin verzaubert. Schauen wir uns Lago Mortale nun aber einmal genauer an!

Lago Mortale – Der erste Fall für Simon Strasser

Simon Strasser, ehemaliger Journalist aus Frankfurt, lebt in dem kleinen beschaulichen Ort Ronco und genießt von seiner Terrasse einen sagenhaften Blick über den Lago D’Orta. Es ist August und Simon genießt sein Leben unter der Sonne Norditaliens in vollen Zügen. Ein morgendliches erfrischendes Bad im angrenzenden See, einen schmackhaften Espresso und handgemachte Pasta vom Markt, Simons Leben könnte gerade nicht schöner sein.

Als er eines morgens von seiner Terrasse aus eine herrenlose Yacht über den Lago D’Orta schippern sieht, ist es vorbei mit dem ruhigen Morgen. Simons Neugierde geweckt. Der ehemalige Polizeireporter steigt in sein Kanu und steuert auf die Yacht zu. Dort angekommen, muss Simon feststellen, dass sich an Bord die Leiche eines einflussreichen Fabrikandensohns aus der Region befindet. Simons alte Instinkte werden geweckt: Was verbirgt sich hinter dem Mord an Marco Zanetti? Schon bald wird Simon herausfinden, dass jeder hier am See ein Geheimnis zu haben scheint, das unter Verschluss bleiben soll.

Ein Hauch Italien im heimischen Wohnzimmer

Bereits nach wenigen Seiten befand ich mich nicht mehr in meinem Lesesessel in Deutschland, sondern war 650km nach Italien an den Ortasee gereist – zumindest gedanklich. Conti ist Reisebuchautorin, nennt den Ortasee selbst seit 20 Jahren ihre zweite Heimat und das spürt man einfach. Zu Beginn des Romans bekommt man allerlei Informationen über den Ortasee und seine Geschichte präsentiert. Welche namhaften Familien sind hier ansässig, woher stammt der hier verbaute Marmor, wo gibt es den besten Espresso, wo sollte man seine Pasta kaufen?

Was vielen als langatmig und zäh vorkommt, finde ich unglaublich spannend und ich konnte nicht aufhören, die ganzen Informationen über die kleine Schwester des Lago Maggiore, einem See, an dem ich bereits einige Male Urlaub gemacht habe, wie ein Schwamm aufzusaugen. Conti weiß, wovon sie spricht, sie liefert hier keine halbherzig recherchierten Fakten, sondern erschafft ein stimmiges Ganzes und bringt so Norditalien mitsamt seinen Schauplätzen und den Personen zu mir in meine Wohnung nach Deutschland. Das gefällt mir wirklich richtig gut!

Kleiner Funfact: Immer, wenn ich ein Buch lese, in dem Orts- und Landschaftsbeschreibungen vorkommen, die mich neugierig werden lassen, rufe ich Google Maps auf und klicke mich mit Hilfe von StreetView durch die Region und schaue, welche Bilder Urlauber und Einheimische von den Orten hochgeladen haben. Ich finde das unglaublich spannend und ich kann gar nicht sagen, wie viele Orte ich mit dieser Methode schon erkundet habe.

Viele Orts- und Landschaftsbeschreibungen, das gefällt mir!

Ich gebe zu, dass man diese Art des Erzählens, diesen nüchternen Schreibstil, den man zumindest zu Beginn wiederfindet, mögen muss. Es ist eine Aneinanderreihung von Fakten und Geschehnissen, entweder aus der Vergangenheit oder etwas, das Simon gerade wirklich erlebt. Bis in Lago Mortale Spannung aufkommt, dauert es etwas, das möchte ich gar nicht verschweigen. Doch obwohl der Mordfall erst relativ spät in diesem Krimi relevant wird, habe ich mich zu keinem Zeitpunkt der Lektüre gelangweilt. Egal, ob Conti den Ort, an dem Simon wohnt und lebt zuerst einmal etablieren wollte und den Beschreibungen deshalb so viel Raum eingeräumt hat oder ob es einfach ihre Art ist, ihre Krimis aufzubauen – ich freue mich schon sehr auf den nächsten Besuch am Ortasee bei Simon.

Gerade durch die ausführlichen Beschreibungen, fühlte es sich für mich so an, als sei ich selbst am Ortasee und würde dort schon einige Jahre leben und kenne jeden Stein und jeden Grashalm. Es wirkt alles sehr vertraut. So fühlte ich mich auch bestens vorbereitet, um mit Simon den Mordfall an Marco Zanetti aufzuklären. Ich gebe zu, in der ersten Hälfte des Buches, vielleicht auch in den ersten zwei Dritteln, war ich mir nicht sicher, ob wir noch dazu kommen, den Mord aufzuklären. Es schien, als habe sich der Fokus ein wenig verschoben und der Fall geriet ein wenig in den Hintergrund. Simon erzählte immerzu von seiner Tochter Nicola und den Freunden, mit denen sie ihre Zeit verbringt Zu oft, so scheint es, verbrachte er seine Zeit mit Fahrten zu belanglosen Orten.

Alles in allem wird der Mordfall – ich schätze, damit verrate ich nicht zu viel – dann aber doch noch aufgeklärt und tatsächlich nimmt der Krimi endlich ein wenig an Fahrt auf. Simon kombiniert messerscharf und ermittelt, wie man es aus Krimis ja oft kennt, auf eigene Faust und vertraut seiner Intuition. All das kann ich ganz gut nachvollziehen und wirkt für mich schlüssig. Die Situation wird brenzlig, doch Simon bewahrt einen kühlen Kopf und ich muss ehrlich zugeben, dass ich mit diesem Ausgang nicht gerechnet habe.

Regional-Krimi mit Wohlfühlfaktor

Ich bin wirklich froh, dass Atlantik mich mit seiner Überraschungspost auf Lago Mortale aufmerksam gemacht hat, denn sonst wäre mir dieser tolle Krimi vermutlich entgangen. Mir hat Simons erster Fall wirklich sehr gut gefallen und ich freue mich auf meinen nächsten Besuch am Ortasee. Was wird wohl als nächstes die Ruhe im beschaulichen Ronco stören?

Lago Mortale ist ein Regional-Krimi mit außerordentlichem Wohlfühlfaktor. Wer einen knallharten Krimi mit kniffliger Polizeiarbeit sucht, ist hier an der falschen Adresse. Hier gibt es eine schöne Sommer- und Urlaubsgeschichte mit dem für Regional-Krimis typischen Spannungsbogen. Man wird gut unterhalten und spätestens nach dem knapp 300 Seiten starken Krimi ist man sowas von bereit für einen Urlaub am Lago D’Orta – dann aber bitte mit Tretbootfahren, jeder Menge Gelatti und kühlen Getränken am Strand. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!


Vielen Dank an den Atlantik Verlag für das Zusenden des Leseexemplares.

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